August 2022
Brise, Meer, Satin
tosende Gespräche
rostige Austern
klammern an Felsen
die Welt ein Aquarell
es regnet auf Kreta
Lorbeerkränze flanieren
wilder Salbei luftwandelt …
im verschwenderischen Grün
Zickenalarm
Zikaden beim Flirt
April 2021
Frühling auf Krücken
Ins Lido der Wolken
Stiefmütterchen
ausgebuddelt, aufgepäppelt
im Wickelkleid Hoffnung
geht nicht aus der Mode
Apriltorpedos
ein Schneescherz auf nassen Socken
mit Scheherezade gechattet
im Samowar der Sinne
Schrittvariationen
ein Tango aus dem vorletzten Jahr
ein Sack Wurzeln steht noch brach
aus dem vorletzten Jahr
Heimat Märkte geschlossen, wieder offen
Tulpen werden Rosen
in der Tonvase brannte Archaik
kein Ton
Erde in den Klostergarten gekippt
Abstandsfüßler gepflanzt
Artischockenherzen schlagen heller
Frischluftpoeten zum Schnelltest
warten aufs Dingdong
Frühling auf Krücken
Grenzwert überschritten
Januar 2021
November 2020
Oktober 2020
Wort & Wood-Experiment in der luftigen Schreinerei der Firma Spacewood.
Zum Auftakt der Buchmesse landete das Paprikaraumschiff in Betonlandia.
Danke Ilka Mottscheller für die sympathische & einfühlsame Moderation…Sie kam bei Wind & Wetter über Frankfurter Brücken geradelt, Holger Hofmann für den exzellenten Sound und das Hygienekonzept, Sven Eismann & das Spacewood Team für die coole Location & die professionelle Vorbereitung, Bernhard Bauser für die schönen Fotos.
Die Industrielocation erinnerte den bildenden Künstler Hagen Bonifer an Frankfurter Leseorte aus den Siebzigern, wo man keine Angst hatte vor kritischen Lesungen.
August 2020
Main Bogen
durchs aufgeräumte Unterholz
Gedanken jagen
Energiewiese ohne Picknicker
Spaziergängerinnen ohne Maske
Mann, Mond und Pailletten gesichtet
welken
wolken
Schritte
durch Fischergassen
Ast für Ast grünt, staubt
die Kunst durchs Dorf
so manches Haus trägt nicht nur
Balken und Fassade im Gesicht
Zeilen ohne Abstand
Wände atmen im Gedicht
im Park-Haus
den Bogen übern Main gespannt
Flaschenpost in der Hand
nach der Jagd
gönnt sie sich ein Marmorbad
vor dem Kunststapel:
ich bin ein Dorf
Augenblicke
Grasnovelle
Zugvogel, Wurzel und Floß
sentimentale Sanduhr
Kreuz und Kreuzung
Pfeilspitze
April 2020
Vom Rapper & Al Pacino
Auf der Life-Bühne des Blauen Krans im Offenbacher Hafenbecken
Film von Bernhard Bauser
28. Februar 2020
Mit offenem Geigenkoffer – Offenbach
Bienvenu in Karminsky’s Rosenloft der Künste
Prohodite dobro pozhalovat - Kommen Sie, kommen Sie, das Konzert ist zwar ausgebucht, der Hausherr am Telefon freundlich gelassen. Parkplatz auf der Berliner gesucht, Genick verdreht, in die Offenbacher Nacht geflucht. Bienvenu in Karminsky’s Rosenloft. Wände im opulenten Gewand ohne Gesang schmausend Vogelleichen, stummer Schmerz, ramponierte Häuserfassaden, verstaubte Barbie im Leinen entzaubert. Perplex und entspannt ins Gemäldelabyrinth entführt. Untergrund und Avantgarde, Russian Bulldozer Art post war, Karminski’s Kunstsammlung, ein Brückenschlag. In Stiefelminiaturen stelzt eine vereiste Fee ins Foyer. Wortkarge Männer-Pullover eröffnen das Liquid Büffet mit Erdbeerwollust und Wodkasamt.
Backstage, die Geigerin, der Geigenkoffer offen, ein Atem. Eingehaucht in Spitze, Kollege Pianist Schwergewicht.
Vom Blumenhemd aus Offenbach flankiert werde ich durch die Galerie geführt, die Créme der Region ist zum Klang und Augenschmaus eingetroffen. Mittendrin, gutgelaunt das Event-Team. Lob vom Hausherrn eingestreift. Integration ist sinnlich. Neben der Polizeiwache schlägt Offenbachs sirze, Kunstherz. Es ist hot, Auditorium entspannt, soviel Ölgeschichte tropft von der Wand. Gardinen außer Rand und Band.
Rothaarige begrüßt mich üppig, Malerin und Ausgeburt der Vielfalt. Schon meinen Putin entdeckt? Dieser kauert bescheiden im Eck, verstoßenes Teddykind, rotwangig, im Spitzenhemd, Weichzeichnerin. Eine Erdbeere in den Mund portiert. Kuschelecke an der Decke: Teddy Goldfinger fickt Barbiepuppe. So ein Ding. Barbarisches Blond, erruptive Dunkelheit, aufgelöste Stadt stürzt von der Wand, verstaubte Barbie klumpt im Leinen.
pajaluysta nehmen Sie Platz wot Augen- und Ohrenschmaus. Verstockte Seelen aufgetaut. Mähne wild, die Geigerin schwebt in die Kunstarena. Die Puteshestviye-Klangreise-Zitterpartie...beginnt.
zum Konzert von Ana Agre & Alexander Kleonov,
Kunstsammlung Karminsky Offenbach
Februar 2020
... Am Mainbogen mit dem Autokorso
um die Wette geradelt
zu den hochnäsigen Bäumen geadelt
Schlossherren spektakeln
Luise, es wird bald dunkel
das Dorf bleibt draußen
Hessische Prinzesinnen geistern durchs Gras ...
aus „Das Ding zum Buch"
9. August 2018
Susret* im Pyecicle in der Offenbacher Karlstraße
*susret kroatisch Begegnung
Schwül-lauschig, das Pyecicle gestern Abend.
Die Gäste mit einer Dosis Electric R o s e s aufgewirbelt, Ingrid Walters Stadtfühlungen, Sascha Schirrmachers subtilen Electrovibes – so nette Gastgeber! Danke Edina für den gechillten Schnappschuss!
Rad-Tatouille
ein Rondo mit dem Bicci
in der kannibalischen Hitze
ein Rapper gruncht im Hafenbecken
pedaliere zu den Schattenfugen
in die geflickte Street
der kleine Karl streckt sich im
Mietspiegel mit der Witch aus Berlin
Kiss kiss werde Künstlerkiez
...
Juli 2018
Kretisches Gezirpe
Am Fluchthafen Leere
summende Animateure
....
Haus an Haus in den
Berg genestelt
Oliven stemmen breitbeinig
ihre Festung
...
den Popen
im schwarzen
Talar gestreift ...
Oktober 2017
Zu den Bildern von Vesna Bilic
Bang bang
Die Malerin aus der Zelle
sie häkelt Gesichter auf der Kippe
müde Krieger in Salomés Armen
ein Harem im Haar
schwärzelnde Petalien
im Knast kein Alabaster
die Stiefel aus Alabama im KofferEndFragment ...
Juli 2017
Vorort verwortet
Freidorfer Treffen
Silbersträhnen im Festsaal
ein Sonnenkleidlächeln
ein gelüftetes
ein zahnloses
markantes
verwandeltes
der verbrannte Sockel in Ringelsocken
Großmütter in Blumenkleidern
ob sie zu den Torten stürmen
Fehlanzeige
sie warten auf ihre Enkelinnen
im Takt der Kapelle dreschen Münder
die Vorstadt aus Erinnerungen
kreuz und quer durch den Saal gestarrt
auf der Bank, eine Fratschlerin
die Setzlinge im Arm
in die Kreuzgasse gerannt
die Radieschen im Mistbeet vergessen
die Gartenmeilen verschüttet
wirre Locken schillerten in der Allee
deine, meine Busenfreundin
wir engelten bengelten zum Artesibrunnen
schwärmten aus durch Kaulen, feuchte Wiesen
zu den Dracheninseln
das Murmeln deiner Wasserzungen entsumpft
wälzten Stoffballen im Eckladen
designerten Couture und Kültür
gegen den Strich und den Faden
sie häkelten Vorhänge aus Maschendraht
kreuz und quer durch den Saal gestarrt
in der Tracht an die Wand gebeamt
Urgroßmutters Schürze umgebunden
vor die Kamera geschasst, war ich zwölf oder vierzehn
eine Pracht
von der Wand
in den Container
unterm Nagel
scheinbar gelächelt
an diesem schwülen Nachmittag
mittendrin, eine Wortlerin an der Haltestelle
im Rausch der Präpositionen
mit den Kaffeehauskindern
Busenfreundinnen
ungestillten Tortenmündern
kleinen Brüdern
in die Elektrische gestiegen
Kirchglocken stammeln im Saal
schlagen die Wurzeln
ein Augenblick in Freidorf
auf der Suche nach verschwitzten Kindergesichtern
verpasste ich das letzte Stück Doboschtorte
umarmten mich Worte
Juni 2017
Abseits im Schlosspark ...
Der Gleistisch gönnt sich
eine Kunstpause am Mainbogen ...
Durch den Türkischen Pavillon wehen Zitate aus dem Bordbuch Grenzgänge.
Lesung und Klang mit der Rosenrazzia
im Türkischen Pavillon:
am Samstag, den 16 September um 15.00 und 17.00 Uhr
www.rumpenheimer-kunsttage.de
ob die Baumriesen Wegweiser sind
NACH DEM FEST im Offenbacher Haus der Stadtgeschichte
reist die Wanderausstellung 2018 nach Ulm an die Donau.
Das Eismann & Bonifer & Eismann Projekt wird 2018 im DZM-Museum gezeigt.
April 2017
... Ob die Wurst heute gelingt – also pikant, mild oder fad wird − liegt am Wettstreit von Paprika, Majoran, Knoblauch, Tageslaune und Promille. Das Durchkneten in der lauten Kulisse ist ein schweißtreibendes Fest. Allerdings werden die Ungeschickten schnell suspendiert und verjagt.
Die schweigsamen Großmütter haben sich ins allerletzte Loch verdrückt, in den Schuppen ... hier ist es still, nur die Katzen scheinen sich für den üblen Gestank zu begeistern. ...
Die milchigen Schläuche werden von Meisterhand auf die Wurstmaschine gepfropft. Klopfen und drehen ist ein Muss, idealerweise synchron, sonst fährt die Masse buchstäblich aus der Haut. Im Idealfall klatschen ellenlange Paprikawurstschlangen auf den nassen Tisch.
Wurstschnecken, Wortschlachten und Marillenschnaps erhitzen Kehlen und Geister ... einige Visagen entgleisen ...
(Auszug aus dem Paprikaraumschiff)
Lesung im Café Ypsilon, 30. März 2017
Vom Buchstabencafé & ArteFakten
Die Rosenrazzia flattert aus dem Donaukeller
Dichterinnen springen übern Main
die alte Berger liegt im Sterben
in jeder Kerbe ein Grundstück
und ein Seidenerbe
im Buchstabencafé scherzt der Maître
mit Ziegenkäsekapriolen
die Waitresserinnen falaffeln
von Balkanien bis Klaa Paris
...wo bleiben nur die Gäste
der Dauerbrenner brutzelt im Schaufenster
die mechanische Wurst
November 2016
this is america
....
vegas
am kunsthimmel
flanieren venezianer
mit zockern und zahlern
auf straßen ohne ampeln
die wüste gibt gas
kein schluckauf in vegas
6 am
himmel reitet orange
die klapperschlangen schlafen
ich campe in wilden zeilen
trinke haikus mit halbwachen
indianern
die wimpern im schnee
.....
bye money
tragen die penner prada
die bäume pink
röhren schlittenhunde
um die ecke
zum rodeo mit scarface
tons of heloqueens
wearing trashy lashes
treffen sich zum tee
mit mischka aus bollywood
Fotos: Sigrid Katharina Eismann
September 2016
Konferenz in Temeswar
Das Banat im Blick – Wandel – Erinnerung – Identität
Sing mir ein Lied aus Nitzkydorf
Hört die Fensterrahmen knacksen
die Alten unterm Kopftuchzelt flachsen
der junge Lehrer aus Nitzkydorf
hat ein Lied komponiert
ob sich H. Müller in die Melodie
verliebt
die Pipatsch* läuft Amok
*Klatschmohn
STRASSENWUNDE(R)
Alle fuhren mit der Straßenbahn
die Frischgeborenen
die Fratschlerinnen*
die Letzten vom Fest ...
ein Krähenschwarm donnert über den Platz
hochprozentige Ornamente baden in der Sonne
die Kornblume klebt im Porzellan
der letzte Tortenboden ist rausgeflogen
eine stumme Flut eingestiegen
*Marktfrauen
TRÜBE SPUR
die Franzosen aus Triebswetter
der Hambar* ist entstaubt
die Forscher gehen uns an die Wäsche
die Mehlwürmer ins Ohr
die Willers, die Frecôts
sitzen im Stammbaum
das Accent Aigu
ein Banater déjà-vu
*Maisspeicher
Fotos: Sigrid Katharina Eismann
August 2016
HELSINKI
Für Sue
im Taxi ohne Gedudel
zu den Vokalen nach Töölö
sie gedeihen auf erbsengrünen Rändern
an der Haltestelle studiert Kaurismäki
die Allegorie eines Traktors
Musentango
der Promenadenpoet
weicht nicht von ihre Beinen
sie experimentiert rhythmisch arthritisch
er reicht ihr einen Becher Blaubeeren
zum Entschlacken
Am Hafen
schlafwandelt der Markt in Schatullen
Früchte stranden auf süßen Boden
die Fische sind ausgeflogen ins wellige Licht
...
eingesungen
Meeresbusen vollgelaufen
Wolken verzieht euch
Helsinki hat sich eingesungen
die Werft rappt mit rostigen Wangen
aus Untergründen strömen Retrowellen
Iggy Pop heizt ein, lachsrot und schiefer
eingeigelt hat er sich nicht
sein Geheimtipp
...
Fotos: Susanne Mantz
März 2016
Nordwestsinfonie
aus der Stadt der Vielfalt
Leerstände sprechen Bände
das ausgelaugte Shopping Center
braucht Poesie
aus den Schließfächern der Stadt
strömen Farben im Balkanon
die Rolltreppe ist sprachlos
Gastarbeiter & Dichter
Es regnet in Rüsselsheim
Stäbe und Muttern prasseln aufs Laufband
ein Opel gedeiht auch ohne Worte
Zitronenbäume brauchen die Sonne des Winters
er dichtet am laufenden Band
ölige Hände haben Feierabend
Buchstaben prasseln aufs Werksgelände
die Wortfabrik ist nie pleite
Februar 2016
Gedichtsauszug aus „sucht die Wiener"
... ohne Wirbel der Himmel
unter mir grünes Wasser
in ausufernden Kleidern
lümmeln Trauerweiden
am 1. Mai dampften Lieder
kitzelten am Schiffsbauch
am liebsten fahr ich mit der
Elektrischen über die Buckel
und Lücken
ihr Atem steigt ein und aus
im Balkanon der Gassen
sie spricht unasphaltierter
ein schlampigen Walzer ihr Gang ...
Dezember 2015
OFFENBACHER HAFENGESCHICHTEN
im Umbruch
Vor etwa einem Jahr, als sich die ungleichen Schwestern Offenbach und Frankfurt noch abenteuerliche Hafengeschichten über den Mainbogen zuflüsterten, zierten Rapperplakate und Wodka-Werbungen die Mauerreste vor dem Offenbacher Boxclub.
Das „Universum“ wurde in eine Bauwiese parzelliert. Vorgebaut haben die Brückenschläger der Stadtschwestern.
Plakate prangen von den hochgezimmerten Fassaden der jungen Hafenstadt. Den Blick vom Balkon ins Hafenbecken vergoldeten Immobilienverwandler. Die Baustelle brummt das Hafenabenteuer
Ergraut ist nur die Sicht auf den Mainbogen. Ein reales Parkhaus versperrt den Blick. Das Betongewerk soll nun fröhlicher inszeniert werden, externe Kreative wurden dafür angezapft. Rechtzeitig geräumt wurde auch der Hafengarten; die Paradeiserkolonien samt Gärtner sind ausgewandert, die Vielfalt in Paletten gepflanzt und verpackt.
Auf den Goetheplatz, in die Straßenheimat des Offenbacher Rappers sind die Bagger noch nicht vorgedrungen.
Ein paar Jungs kicken. Vanessa, Lavinia und Cosmin sind verschwunden. Die Rasselbande zwischen sechs und zwölf Jahren kam gerne in die Märchenstube ins Nordendquartier. Im Stadtteilbüro erfahre ich, daß die Wohnung der Familie wegen Überbelegung geräumt wurde.
Ob die drei Geschwister auch wegziehen wollten? Hier stand ihnen manche Tür offen. Kräht ein Hahn danach?
Im rumänischen Märchen vom Säckel mit den Goldtalern kräht er.
Der Platz soll bunter werden mit Frischem vom Markt.
ES WIRD GERÄUMT
OFFENBACHER HAFENGARTEN
ein Poet radelt zu den Windbaracken
wo Schafe zwischen Stahl und Bühne grasen
Veilchen und Möhren in Paletten nisten
„die Chansons im Waggon sind befristet”
lärmen die ImmobilienSisters
„es wird geräumt
macht euch auf die nassen Socken”
die Tomaten im Stakkato gepackt
Kürbisriesen posieren vor dem blauen Kran
Stilettos stecken im Acker
Foto: Susanne Mantz
©2021 sigrid katharina eismann